Netzwerk für Plastik-Monitoring in Gewässern

Fakten

Die Kontamination natürlicher aquatischer Ökosysteme durch Kunststoffpartikel, insbesondere jene in Milli-, Mikro- und Nanometergröße, erweist sich zunehmend als ubiquitäres Problem, dessen Ausmaß und Konsequenzen für Mensch und Umwelt noch nicht absehbar sind. Erste Erkenntnisse legen nahe, dass sowohl Hochsee- und Küstengewässer als auch Binnengewässer wie Flüsse und Seen von der Kontamination betroffen sind. Als potenziell problematisch gelten dabei nicht nur die physische Präsenz der Kunststoffpartikel in der Umwelt und ihre mögliche Anreicherung in verschiedenen aquatischen Organismen. Auch ihre Tendenz zur Adsorption und Resorption von organischen Schadstoffen (z.B. PAH und PCB, chlorierte Pestizide, Weichmacher) an der Partikeloberfläche – und somit mögliche Schadstoff-Bioakkumulation in der Nahrungskette – verursachen wachsende Besorgnis.

Behörden und Industrie stehen deshalb zunehmend in der Verantwortung, die Überwachung natürlicher und künstlicher Gewässer voranzutreiben – einschließlich urbaner und industrieller Abwässer, da diese u.a. als potenzielle Eintragswege der Kunststoffpartikel in die Umwelt in Frage kommen. Eine ganzheitlich ausgerichtete Erfassung des Belastungsgrades sowie die Implementierung entsprechender Vermeidungs- und Minderungsstrategien werden bald unerlässlich sein. Insbesondere auch im Hinblick auf die Umsetzung der EU-Meeresstrategierahmenrichtlinie und EU-Wasserrahmenrichtlinie sind effiziente und standardisierte Monitoring-Verfahren dringend gefragt, die lokal, regional sowie international zuverlässig und einheitlich Anwendung finden.

Trotz erster vielversprechender Ansätze, dank vereinzelter Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen und Firmen, existiert bisher jedoch keine „Tool-Box“ mit derartigen Verfahren zur ganzheitlichen Fernüberwachung, Probenahme, Analyse und (Online-) Auswertung von Kunststoffpartikeln und assoziierten Schadstoffen in verschiedenen Gewässersystemen.

Zweck des Netzwerks ist deshalb die gezielte Entwicklung von integrierten, teil-automatisierten (in situ-)Verfahren zur systematischen, ganzheitlichen und standardisierten

  • UMWELT-BEOBACHTUNG: Fernüberwachung des Kunststoffeintrags und -transports mittels optischer Sensoren
  • UMWELT-PROBENAHME: Entnahme, Aufreinigung und Isolierung von Kunststoffpartikeln
  • PARTIKEL-ANALYSE: Identifizierung, Charakterisierung und Quantifizierung der isolierten Kunststoffpartikel
  • SCHADSTOFF-ANALYSE: Identifizierung, Charakterisierung und Quantifizierung der Kunststoffpartikel-assoziierten organischen Verbindungen aus der Wassersäule, den Sedimenten und verschiedenen Biota in natürlichen Fließ- und Stillgewässern des Binnenlands und des Küstenmeeres, sowie urbanen und industriellen Abwassersystemen; inklusive
  • DATEN-INTEGRATION: Verknüpfung und kombinierte (Online-) Auswertung sowie Dokumentation und Archivierung der Teil- bzw. Meta-Datensätze unter Berücksichtigung verschiedenster interner und externer (Umwelt-) Parameter.

Die Untersuchung von Wassersäule, Sedimenten und Biota auf Kontamination mit Kunststoffpartikeln in Milli-, Mikro- und Nanometergröße erfordert grundlegend verschiedene Strategien bzgl. Fernüberwachung, Probenahme, Analytik und Auswertung. Auch die physikalisch-chemischen Eigenschaften sowie der organische Gehalt des zu überwachenden Salz-, Brack-, Süß- oder Abwassers spielen eine erhebliche Rolle. Die angestrebte Entwicklungsarbeit soll diesen Faktoren maßgeblich Rechnung tragen, indem die einzelnen Entwicklungslinien auf den jeweiligen Probentyp im jeweiligen Probenahmemillieu ausgerichtet sind. Als Ergebnis soll eine „Tool-Box“ verschiedener, teils aufeinander abgestimmter Verfahrens-Komponenten entstehen, welche kombiniert oder solitär zur Anwendung kommen können.

Erste Ansätze für mögliche Entwicklungslinien sind:

  • UMWELT-BEOBACHTUNG: automatische Kunststoff-Identifizierung und Quantifizierung mittels Sensorik und Echtzeit-Analysealgorithmen wie z.B. in situ Videokameras, abbildende Spektrometer und Satellitensensoren
  • UMWELT-PROBENAHME: horizontale sowie vertikale Beprobung mittels kombinierter Netzverfahren oder in situ Pump- und Filterverfahren, ggf. kombiniert mit spektroskopischer Auswertung
  • PARTIKEL-ANALYSE: kombinierte, teil-automatisierte Probenaufbereitung mittels Siebung, Filtration, und/oder Fluid Flow Fraktionierung sowie Enzym-Fermentation; Identifizierung und Quantifizierung mittels Raman-Mikrospektroskopie, FT-IR-Spektroskopie oder abbildender VNIR-SWIR-Spektroskopie
  • SCHADSTOFF-ANALYSE: Thermodesorption gekoppelt mit Gaschromatographie und Massenspektroskopie mittels gesteuertem Temperaturprogramm und direkter Injektion der Kunststoffpartikel über ein automatisches Liner-Wechselsystem
  • DATEN-INTEGRATION: anwenderfreundliches Software-Programm mit verschiedenen Modulen zur solitären oder kombinierten Datenauswertung und -archivierung

Mit der angestrebten Entwicklung integrierter, teil-automatisierter (in situ-)Verfahren soll nicht nur der kurz- und mittelfristig steigende Bedarf an ganzheitlichen und standardisierten Methoden zur inter-/nationalen Gewässerüberwachung gedeckt werden. Auch die Initiierung weiterer Entwicklungsvorhaben, die sich mit langfristigen Strategien zur Vermeidung oder Minderung aquatischer Kunststoffbelastung befassen, soll gefördert werden. Diese können z.B. auf industrielle Prozessänderungen in den Bereichen Kunststoffherstellung und -wiederverwertung abzielen, oder auch auf Maßnahmen zur Abwasserreinigung und Gewässersanierung. Insbesondere im ersten Jahr der Netzwerk-Laufzeit sollen deshalb –neben der schwerpunktmäßigen Konzipierung der verschiedenen Entwicklungslinien – auch erste realistische, umweltschonende Ansätze zur Minderung der bereits bestehenden Kunststofflast in verschiedenen Gewässern erarbeitet werden, die eine Beeinträchtigung des biologischen und chemischen Gleichgewichts im Ökosystem ausschließen.